07.01.2009

Flacon fatal

Das muß ja ein tolles Aftershave sein. Niemand würde es einfach »Rasierwasser« nennen. Es scheint Tür und Tor zu öffnen, auch solche, mit denen man gar nicht rechnet, die man dann aber cool links liegen lassen kann. Das wird an der Nuance pipi de chat – Katzenpipi – liegen, die die sehr guten von den bloß guten Duftwässerchen trennt. Du riechst so gut, daß Du dir alles erlauben kannst außer Kaugummi. Sogar deine Faulheit gestehst Du ein und im Aroma, durch das deine Worthülsen ihren Ausschnitt überfliegen, kommt das auch noch als sympathischer Zug rüber. Endlich mal einer, der sich nicht so bierernst nimmt und nur von Geld redet. Sondern vom Rumliegen, der Schwere seiner Müllbeutel und der Faszination, die Blumenkästen auf Katzen ausüben (aber nur, weil Du deren Klo nicht sauber gemacht hast). Das kommt alles gut an und das liegt am Aftershave. Wie einfach die Welt aus der Sicht einer Nase ist ...

Die Weiße Stimme des Blues / 03:06 / Reportagen vom Ende der Welt / Link / Zwischenruf / Trackback

Nachdem sie eine halbe Minute gebraucht hat, um in seliger Meditation den Träger ihres Tops auszurichten und ihr zwei kleine Hicks! entrutscht sind, dürfte der Fall klar sein: Ein Taxi, nicht zwei, eine Adresse, und zwar deine. Die ist doch schon vollkommen wehrlos und an ihrer Art zu trinken und ihren in den deinen nach irgendwas suchenden Augen hast Du bemerkt, wie sehr sie das genießt. Soll dir recht sein.

Die Rückbank des Taxis bietet vorerotische Etüden: Schlanke Frauenfinger, die in deine greifen, während ihr Blick spielerisch einigen vorbeihuschenden Lichtern hinterherjagt. Was wohl der Taxifahrer von deinem Aftershave hält? Jetzt ihr bitte nicht tief in die Augen schauen, das wäre ein Versprechen, das zu halten niemand in der Lage ist. Besser ist, man macht einfach weiter und wundert sich morgen.

Im Hauseingang beginnt sie kichernd zu stolpern, das gehört zum Ritual. Du spielst mit und fängst sie auf, sie kommt dir so nahe, daß Du auch noch etwas von ihren Caipirinhas hast. Dein Aftershave riecht zwar besser, aber zum genußvollen Seufzen bleibt ihr keine Zeit, weil Du ihr folgsam deine Zunge in den Hals steckst. Weder wünschst Du dir, in diesem Augenblick Staubsauger zu sein, noch gibst Du einen guten Teppich ab, also bugsierst Du sie nach kurzem Genuckel die Treppe hoch. Der Kuß war praktisch der Schlüssel, der zu deiner Wohnung ist nur etwas Metall; so, wie die drauf ist, würde sie wahrscheinlich einfach durch die Tür hindurchvibrieren.

Im Flur gröhlt sofort viel zu helles Licht herum, aber sie sorgt für Charme und läßt einfach ihren Mantel fallen, der resigniert und lautlos erstarrt. Was Mäntel eben so tun, wenn man sie fallen läßt. Und nicht nur die. Sie findet auf Anhieb das Badezimmer und tut dort, was nun aller Voraussicht nach getan werden muß, Du schlurfst an der unwirschen Katze vorbei in die Küche, um mit Hochprozentigem unnötige Gespräche verhindern zu können. Gelabert hast du schließlich genug heute Abend, außerdem gehen dir die Ideen aus – es ist ja schon spät.

Mit den Drinks nimmst du eine möglichst lässige Haltung auf dem Sofa ein, was heute gelingt, obwohl das meistens schiefgeht, wenn man es versucht. Es scheint dein Abend zu sein. Dem Radio entlockst du irgendwelchen DJ-Kram in der spröden Gewißheit, das nie mehr hören zu müssen. Sie erscheint mit ziemlich halboffenen Augen und verwandelt ihren Körper in einen Magneten, einen recht warmen dazu. Fast zu normal, was sich hier abspielt, denkst Du noch, als sie dein Glas und ihres auf den Tisch stellt und beginnt, engagiert an deinem Kinn herumzuknabbern.

Jetzt fragt sie, wo dein Schlafzimmer sei, ein stiller Alarm breitet sich in deinem Kopf aus, verrät aber nicht genau, worum es geht. Du ignorierst das, was ein schwerer Fehler ist, und hebst sie weltmännisch auf deine Arme. Natürlich lobt sie deine Kräfte, nicht direkt, aber mit Hinweis auf ihr (stinknormales) Gewicht. Handlich ist sie, mehr verlangst Du doch gar nicht. Sie auf den Armen balancierend und einen spannenden Augenblick auf einem Bein stehend, drückst Du mit dem freien Fuß die Klinke zum Schlafzimmer herunter, die Tür öffnet sich und dunkle Kühle begrüßt euch. Darüber meckert sie nicht, als Du das Licht anmachst, sie zeigt aber auf dein Bett:
»Was ist das?«
»Das ist mein Bett.« – Es dämmert dir etwas, jedoch zu langsam und jetzt ohnehin zu spät.
»Nein, das da!«
Ihr Zeigefinger visiert die Pinkelflasche an der Seite des Bettes an, die Du neulich vom Flohmarkt mitgebracht hast und bis jetzt für eine der besten Investitionen deines Lebens gehalten hast: Praktisch und hygienisch, wenn man aufwacht und nicht gleich aufstehen muß, um das nötigste Bedürfnis abzustellen. So siehst Du das jedenfalls, was im Augenblick allerdings an der Situation vorbeigeht.
»Ist es das, wofür ich es halte?«, fragt sie, das Lauern in der Stimme unüberhörbar und auf seine Art endgültig.

Du könntest jetzt allerhand improvisieren: Zum Beispiel, Du seist krank gewesen und erst heute spontan genesen, oder daß Du normalerweise Blumen da reinstellst, floristisch engagiert, wie Du nunmal nicht bist, oder daß Du gar nicht weißt, was das ist und daß das Ding schon beim Kauf am Bett gewesen sei.

Aber dein Aftershave ist klasse, deshalb hauchst Du einfach: »Immerhin ist sie leer ...«

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